Folgender Brief ging an alle Bundestagsabgeordneten der Regierungsparteien. Wir hofften, bei einigen Einsicht zu wecken.
Döbeln, 27.8.2010
An die Bundestagsbgeordneten der Regierungsparteien CDU, FDP und CSU Platz der Republik 1 11011 Berlin
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie den Medien zu entnehmen war, plant die Bundesregierung im Zuge der Sparmaßnahmen den Heizkostenzuschuss für Geringverdiener, Rentner und sozial schwache Bürger komplett zu streichen, obwohl sich der Ölpreis seit 1.1.2009 um ca. 30% erhöht hat, was logischerweise höhere Heizkosten zur Folge hat. Hinzu kommt, daß bereits in anderen Bereichen die Lebenserhaltungskosten grundsätzlich gestiegen sind, was eine weitere gravierende Belastung sozial benachteiligter Bürger ist. Der Heizkostenzuschuss ist neben dem Wohngeld oftmals die einzige soziale Leistung, die Geringverdiener beziehen, welche aus verschieden Gründen kein Hartz IV bekommen. Oftmals arbeiten besonders in Ostdeutschland vor allem junge Menschen und Personen über 50 Jahre fast 40 Stunden die Woche und bekommen einen Lohn, der zwischen 700-900 Euro netto liegt und damit unter dem Existenzminimum. Eine Streichung des Heizkostenzuschusses würde die ohnehin schlechteren Lebensbedingungen für diesen Personenkreis verschlimmern. Da nun nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes die Sätze für Hartz IV angehoben werden sollen, fällt ein weiterer Anreiz für die Aufnahme eines nicht so gut bezahlten Jobs weg, da sich Hartz IV-Empfänger und Geringverdiener mittlerweile sowieso oftmals finanziell auf einer Stufe befinden. Dies widerspricht dem Geist des Koalitionsvertrages, in dem es unter Punkt 7.2. heißt: „Arbeit und Leistung müssen sich lohnen. Für uns gilt: Wenn man arbeitet, muß man mehr haben, als wenn man nicht arbeitet.“
Wir bitten daher alle Abgeordneten der Regierungsparteien eindringlichst darum, der Abschaffung des Heizkostenzuschusses nicht zuzustimmen.
Zwar ist uns natürlich bekannt, daß die Regierung durch die Wirtschafts- und Bankenkrise zu Einsparungen gezwungen ist. Allerdings wurde diese Krise nicht von Geringverdienern, Rentnern und sozial Schwachen ausgelöst, sondern von Spekulanten und unseriösen Managern. Diese Personenkreise müssen auch im Zuge der Sparmaßnahmen besonders zur Verantwortung gezogen werden. Auch ist es an der Zeit, daß die Politik zeigt, daß sie das Land regiert und nicht einflußreiche Wirtschaftsverbände oder große Banken.
Bitte setzen Sie sich als Abgeordnete(r) bei der Abstimmung für den Erhalt des Heizkostenzuschusses ein und verlangen Sie eine sozial gerechte Nachbesserung des Sparpaketes. Hunderttausende Geringverdiener und Rentner werden es ihnen danken.
Mit freundlichen Grüßen,
i.A. der Mitgliederversammlung der bundesweiten Bürgerbewegung Neue Richtung
Kay Hanisch (Sprecher)
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A N T W O R T S C H R E I B E N
Geantwortet hat u.a. der CDU-Abgeordnete Thomas Kossendy.
Sehr geehrter Herr Hanisch,
ich danke Ihnen für Ihre E-Mail vom 30. August 2010, in der Sie die Beibehaltung des Heizkostenzuschusses fordern. Ihre Argumentation habe ich mit großem Interesse gelesen.
Die von der Bundesregierung im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise getroffenen Maßnahmen zur Stabilisierung der deutschen Wirtschaft sind erfreulicherweise von Erfolg gekörnt, haben aber gleichzeitig, wie Sie selbst anmerken, die vordringliche Notwendigkeit der Haushaltssanierung zur Folge.
Ich kann nachvollziehen, dass die angekündigten Sparpläne bei vielen Bürgern auf wenig Gegenliebe stoßen, dennoch sind Einsparungen im Bundeshaushalt dringend notwendig, da die Herausforderungen für die öffentlichen Haushalte und die sozialen Sicherungssysteme sich in Zukunft allein aufgrund der demographischen Entwicklung weiter verschärfen werden. Ein immer kleinerer Teil unserer Gesellschaft wird dann für die Bedienung der aufgehäuften Schulden aufkommen müssen. Deshalb müssen wir schon jetzt mit einer konsequenten Haushaltskonsolidierung den Grundstein für tragfähige öffentliche Finanzen und stabile soziale Sicherungssysteme legen.
Das Sparpaket der Bundesregierung hat daher ein klares Ziel: durch nachhaltiges Sparen nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen. Deshalb wird vorwiegend auf der Ausgabenseite konsolidiert, da Sparen auf der Ausgabenseite deutlich bessere Wachstumsaussichten birgt, als Konsolidieren über die Einnahmenseite, z.B. über Steuererhöhungen – das bestätigen führende Ökonomen.
Bei der geplanten Streichung des Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger handelt es sich um die Rücknahme einer temporären Hilfe, die zu einem Zeitpunkt eingeführt wurde, als sich die Energiekosten auf einem historisch hohen Stand waren. Die Situation hat sich erfreulicherweise entspannt. Der Deutsche Mieterbund erklärt hierzu, die Heizkosten seien im Abrechnungsjahr 2009 durchschnittlich um 14 Prozent gesunken. Die Rücknahme des Heizkostenzuschusses ist damit vertretbar und angemessen.
Mit freundlichem Gruß
Thomas Kossendey
-- Thomas Kossendey MdB Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung Platz der Republik 1 11011 Berlin
Tel: 030 227 72376 Fax: 030 227 76612
------------------------------------------------------------------------------------ U N S E R E A N T W O R T A N T H O M A S K O S S E N D Y
Döbeln, 7.9.2010
Thomas Kossendey MdB Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung Platz der Republik 1 11011 Berlin
Betrifft: Keine Streichung des Heizkostenzuschuss – Antwort auf Ihr Schreiben
Sehr geehrter Herr Kossendy,
vielen Dank für Ihr Antwortschreiben, auf das ich nach Rücksprache mit unseren Mitgliedern hier noch einmal antworten möchte. Sie führten an, daß „Einsparungen im Bundeshaushalt dringend notwendig sind, da die Herausforderungen für die öffentlichen Haushalte und die sozialen Sicherungssysteme sich in Zukunft allein aufgrund der demographischen Entwicklung weiter verschärfen werden. Ein immer kleinerer Teil unserer Gesellschaft wird dann für die Bedienung der aufgehäuften Schulden aufkommen müssen“. Das Problem der demographischen Entwicklung ist bekannt, es ist allerdings ein von der deutschen Politik hausgemachtes Problem. Seit mehreren Jahren weitetet sich der prekäre Beschäftigungssektor aus: keine Tarif- und Mindestlöhne, Zeitarbeiterfirmen, befristete Arbeitsverhältnisse und Wanderarbeiter. Das junge Paare unter diesen Umständen zu Recht keine Lust haben, Kinder in die Welt zu setzen, ist mehr als verständlich. Junge Familien brauchen Planungssicherheit – wo es die nicht gibt, da wird es auch keine Kinder geben.
Sie schreiben auch, durch nachhaltiges Sparen, solle nachhaltiges Wachstum erzeugt werden. Doch mir ist kein Land auf der Welt bekannt, in dem Wirtschaftswachstum durch drastische Sparmaßnahmen erreicht wurde. Der Einbau der „Schuldenbremse“ in das Grundgesetz ist völlig sinnlos, wenn der Regierung gleichzeitig der Mut fehlt, den nächsten notwenigen Schritt zu gehen – nämlich die Durchführung eines Schuldenmoratoriums oder zumindest eines Zinsmoratoriums für mehrere Jahre. Durch die Schuldenbremse ist der Staat gezwungen, bis 2016 jährlich über 7 Mrd. Euro einzusparen, was unter diesen Umständen weitere Sparpakete nach sich ziehen wird. Auf diese Weise spart sich der Staat selbst zu einem handlungsunfähigen Krüppel. Errungenschaften im sozialen, kulturellen, gesundheitlichen und demokratischen Bereich auf die wir einst so stolz waren, werden dem Rotstift zum Opfer fallen.
Sie berufen sich bei der Begründung für das Sparpaket auf die Meinung „führender Ökonomen“. Ich weiß zwar nicht, welche Personen Sie hier im Blick haben, allerdings bieten viele solcher Ökonomen in Deutschland eher ein trauriges Bild. Ich denke hier maßgeblich an Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut und Wolfgang Franz vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Die Wirtschaftsweisen“). Diese Personen sind durch ihre Fehlprognosen und ihre fortlaufende Verharmlosung von Hedgefonds und Co. mitverantwortlich für Krise des Jahres 2008. Sie haben gravierende Entwicklungen nicht erkannt und weigern sich auch heute noch, ihre Fehler einzugestehen.
Zwar ist offenkundig richtig, daß die Heizkosten gesunken sind, aber erst, nach dem sie sich zuvor massiv erhöht hatten... Wie den Nachrichten vom 6.9.2010 zu entnehmen war, haben sich die Mieten im Laufe der letzten 12 Monate in Deutschland um bis zu 14% erhöht. Dies bedeutet eine weitere Verschlechterung der Situation für Geringverdiener. Wenn viele Menschen nur 600 – 900,- Euro netto zu Verfügung haben, geben sie nahezu ihr ganzes Geld für laufende Kosten aus (Miete, Nahrung, Versicherung, KFZ-Steuer, Strom, Wasser etc.). Dies ist definitiv nicht kaufkraft- und wirtschaftsfördernd! Ein menschenwürdiges Leben ist unter solchen Bedingungen in Deutschland fast unmöglich. Arbeitslose und Geringverdiener werden durch die Streichung des Heizkostenzuschuss und die Erhöhung der Mietkosten finanziell gleich gestellt. Das Fazit, daß viele Bürger ziehen: weniger gut bezahlte Arbeit lohnt sich nicht mehr...
Und nun muß man die Frage stellen, in welche Zukunft, die Bundesregierung ihre Bevölkerung führen will. Eine Gemeinschaft ist immer nur so stark wie ihre schwächsten Glieder. Bedarf erst wieder Hungeraufständen?
Ich hoffe, Sie glauben nicht, daß ich übertreibe. Über die Neue Richtung habe ich Kontakt sowohl zu Angestellten, als auch zu kleinen Unternehmern, welchen schlicht und ergreifend die Luft zum Atmen ausgeht und welche als Hartz-IV-Empfänger besser dran wären.
Mit freundlichen Grüßen und nochmals danke für Ihre prompte Antwort,
Kay Hanisch
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